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Das Wetter. Beim Segeln dreht sich alles ums Wetter. Die gleiche Route kann bei „gutem Wind“ Kaffeesegeln sein – oder bei „schlechtem Wind“ in eine ziemlich anspruchsvolle Aufgabe ausufern.

Je höher der Anspruch: Regattasegeln, Atlantiküberquerung, es der Familie recht machen (in dieser Reihenfolge zunehmender Schwierigkeiten), umso schmaler der Grat zwischen zu viel, zu wenig, zu West zu Ost….

Bei unserer Atlantiküberquerung war es überwiegend zu wenig. Zu wenig Wind = zu wenig Herausforderung? Nein. Die lange Strecke bleibt, die Monotonie ist eher noch größer, die unablässige Abfolge von Wachen, Freizeit, dösen, schlafen, lesen, kochen, essen, putzen, spülen, Sterne gucken, Meer beobachten, bleibt.

Und auch immer bleibt der Swell. Wellen reisen schneller als Wind und sehr weit. Manchmal kommen sie aus verschiedenen Richtungen gleichzeitig. Dann wird es ungemütlich, Rock ’n Roll auf langem Nord-Swell vom Islandtief, kürzerem Swell aus West vom nächsten Tiefdruckgebiet und kabbelige Wellen aus Ost, der gerade vorherrschenden Windrichtung. So erlebt am Cabo Vicente und nochmal zwischen Marokko und Kanaren. Die Wellen machen den Unterschied zwischen angenehm und unangenehm, seekrank oder entspannt. Und sie sind die Gefahr, viel mehr als der Wind. Selbst in Sturmstärke ist die Welle der entscheidende Faktor, Wellen können ins Boot schlagen, brechende Wellen können ein Schiff kentern.

Offshore seglen bedeutet, Wind, Swell und gewünschte Reiserichtung in Einklang zu bringen. Die Segel sollen „glücklich“ sein, kein Schlagen, Einfallen, „Killen“. Eine 2- 3 Grad Kursänderung macht oft den Unterschied aus. Je nach Wind-Einfallswinkel und dem vorherrschenden Wellenbild kann es vorteilhaft sein, von dem direkten und kürzesten Kurs abzuweichen, um es etwas gemütlicher zu haben. AWA (Apparent Wind Angel) und VMG (Velocity Made Good) sind dabei die Zauberabkürzungen.

Heute haben wir den perfekten Wind – Danke, Neptun! Raumschots zum Zielkurs (AWA 150 Grad), 15 – 20 Knoten Wind aus Ost, Swell aus Nordost, und wir hüpfen unter Spinnaker mit bis zu 10 Knoten die Wellen herunter. Wenig Schräglage, wenig Last auf Rigg und Autopilot und Crew.

Nein, so richtig schnell ist das nicht. Ich hatte mit 7 Knoten (= 7 nautische Meilen NM pro Stunde) Durchschnittsgeschwindigkeit geplant. Bei einer Streckenlänge von 2084 NM (= rund 3.800 km) ergibt dies ca. 12 ½ Tage Reisezeit. Bislang haben wir einen Durchschnitt von 6,3 NM / Std erreicht, d.h. die Reisezeit verlängert sich auf 14 Tage. Voraussichtlich. Man kann nie wissen, was das Wetter noch an Überraschungen parat hat.

 

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