Santa Marta und Simon Bolívar

Nach mehr als zwei Monaten in Südamerika und sechs Monaten Segelpause kommt jetzt der nächste große Reiseabschnitt. Aber erstmal sind wir von der Hitze und der Luftfeuchtigkeit in Santa Marta ziemlich erschlagen. Und unsere Reise, das merken wir jetzt, war irgendwie doch anstrengend. Also hängen wir erstmal etwas ab…… Schön! Dann geht es an die Arbeit: Das Boot ist innen und außen völlig verdreckt, Segel müssen wieder aufgezogen werden, die Fender sind vom Aluminium schwarz, Martin steigt dem Mast zur Windfahne hoch – kaputt -, wir machen „Inventur“, es ist hier unser vorletzter Stopp vor dem großen Pazifik, in dem es dann einfach mal gar nichts mehr gibt, …… Alles bei 34 Grad. Und Martin hatte kurz vor unserer Abreise – im Juni! – unsere wichtigsten und hier nur schwer zu ersetzenden elektronischen Geräten versteckt. Man weiß ja nie. Alles wiedergefunden. Fast. Das Satellitentelefon ist unauffindbar. Eine Woche lang nehmen wir alle Schränke auseinander. Und machen dabei weiter Inventur. Dann taucht es endlich auf!!! Juchuuu! Und alle Ecken im Boot sind jetzt so richtig auf Vordermann.

Auf einer Baumarkt-Tour, ja, auch so was müssen wir hier gelegentlich machen, will ich unbedingt die Hacienda besuchen, auf der Simon Bolívar gestorben ist. Der große Held und „Libertador“ begegnet uns in Südamerika allüberall. Und ich habe etliches über ihn und die Geschichte der Befreiung von den spanischen Kolonialherrschaften gelesen. Bolívar war, als er in Venezuela geboren wurde, einer der reichsten Menschen Südamerikas. Als er starb, hatte er sein gesamtes Vermögen an seinen Traum von einem vereinten freien Südamerika verloren, wurde von seinen Landsleuten verlacht, verraten oder verachtet. Dazwischen „hatte er der spanischen Herrschaft ein Imperium, fünfmal so groß wie ganz Europa, entrissen, er hatte zwanzig Jahre lang Krieg geführt, um es frei und geeint zu bewahren.“ So schreibt es Gabriel García Márquez in „Der General in seinem Labyrinth“. Simon Bolívar hatte 1830 alle Ämter niedergelegt, sollte sich auf der Hacienda eines Freundes in Santa Marta noch erholen, um seine Reise nach Europa anzutreten. Dazu kam es nicht. Er starb mit 47 Jahren in einem winzigen Bett an Schwindsucht. 

Reiserfahrungen aus Kolumbien, Peru, Bolivien, Ecuador

Trockene Küste, Hochland, Andenhauptkette, tropischer Regenwald, Amazonas Dschungel – diese Haupttopographien haben unsere Reiseländer gemein. Packen für  10 Wochen, mindestens 5 Klimazonen. Wir bekommen alles in 2 gut tragbare Rucksäcke, 35 und 45 Liter und eine Reisetasche plus einen Minirucksack. Wie sich herausstellte eine perfekte Kombination, weil wir auf den verschiedenen Touren immer nur das Nötigste mitschlüren, den Rest in der Reisetasche im Hotel lassen. Im Internet gibt es zig gute Packlisten, aber die Variante mit den verschiedenen Reisetaschen habe ich sonst nicht gefunden.

Wir waren mit Bussen, Minibussen, Jeeps, Mietwagen (echt: kein Problem), Uber, Klapperkisten, Taxi, Tuk-Tuk, Fähren, Flugzeugen von 6 oder 7 verschiedenen Airlines unterwegs und haben uns immer sicher gefühlt. (VIVA Airlines in Kolumbien können wir nicht weiterempfehlen, zuviele miese Billigairline Tricks). Noch ein Airline Trick: die zum  Teil viel günstigeren Inlandsflüge werden in den üblichen internationalen Suchmaschinen und auf den Englisch sprachigen Seiten der Airlines nicht angezeigt, sondern nur auf den jeweiligen nationalen Seiten der Airlines auf Spanisch. Ggf. muss man die URL im Browser auf Spanisch ändern.

Und wir sind gelaufen. Überall. Klar, in den großen Städten gibt es Regionen, wo man als Gringo nix zu suchen hat, zumal Nachts. Wir haben, glaube ich, einen ganz guten Instinkt entwickelt. Fühlt sich eine Gegend komisch an, treten wir sofort einen geordneten Rückzug an.

Je weniger man mitnimmt, umso weniger kann man verlieren. So haben wir auf unsere gute Kamera verzichtet und nur Fotos mit dem Handy gemacht. Im Geldbeutel war immer genug Cash, um ggf. einen Räuber glücklich und damit friedlich zu stimmen. Pässe, Kreditkarten etc. waren anderweitig am Körper.

Beim Essen und Trinken haben wir zunächst nur “geschält, gekocht oder industriell abgepackt” beachtet. Im Laufe der Zeit aber durchaus auch “Streetfood” gegessen. Salat und Wasser (Eiswürfel in Drinks….)  bleiben kritisch. Jeder hat einmal 1-2 Tage Dünnpfiff und Kotzeritis gehabt, ansonsten alles gut.

Die Menschen sind überall sehr freundlich und hilfsbereit. Lydia hat ihr Italienisch “spanisiert” und kommt ganz gut durch. Das hilft. Englisch wird selten gesprochen oder verstanden.

Ansonsten hilft: erst fragen, dann einsteigen.

 

 

Schwimmen im Amazonas

Ganz im Süden von Kolumbien liegt Leticia, nur per Boot und Flugzeug zu erreichen. Die nächste Autobahn ist 800 km entfernt. 30.000 Einwohner, die es schaffen einen Moped-, Tuk-Tuk-, Auto- und Bootsverkehr zu erzeugen wie in Manhatten an einem  Montag morgen.  Wir kommen von Quito, sind 3000 HM und niedrige Luftfeuchte gewöhnt. Hier bleiben für den Amazonas noch 180 HM und über 2500 Flusskilometer bis zum Atlantik. Es ist feucht und heiß, immer wieder schifft’s ganz ordentlich. Die Regenzeit hat angefangen, die Flüsse sind bereits um 4 Meter angestiegen. Es können noch weitere 10 Meter dazu kommen! Wir gönnen uns einen Ruhetag bevor wir am Montag um 7:00 mit dem “public boat”, lang, schmal, ca. 30 Passagiere, voll gepackt, nach Puerto Narino aufbrechen, ca. 70 km flussauf, 2,5 Stunden Knieschmerzen. Der Kaptän hat es raus und umkurvt das ganze Treibgut mit Vollgas.

Puerto Narino ist ein Vorzeige-Provinz-Nest: voll Eco, Müll trennen und recyceln, blitzsauber und offensichtlich im Aufbruch zur nächsten Touristen-Hochburg. Hier treffen wir Stefano, den italienischen Rakteningenieur -unseren Übersetzer- und unseren einheimischen Guide Pedro, der uns gleich zum Eingewöhnen in den Dschungel führt. “Nix anfassen ….” es gibt Riesenspinnen, Tarantulas, giftige Spinnen, giftige Schlangen, giftige Bäume, giftige Ameisen, giftige Frösche, giftige Büsche …. Und Schlamm – wir werden die Gummistiefel nur gelegentlich ausziehen. Alles ist entweder unendlich verschieden grün -oder braun: der Schlamm, das Flusswasser. Wir machen sogar einen „Nachtspaziergang”, um die Gottesanbieterin und andere exotisch giftige Dinger zu finden. So eine bescheuerte Idee, im Taunus sind wir im Leben nicht im Dunkeln, im Regen und im Schlamm  “spazieren” gegangen. Lydia fand es toll.

Am nächsten Tag geht es weiter in die Wildnis. Auf dem Weg in unser kleines Eingeborenen Dorf sehen wir  Kaimane (nur nachts), Piranhas, wirklich große Pirarucu (bis zu 4 Meter lang, 300 kg schwer), graue und pinke (“die sind aktiver”) Delphine (sorry, das eine Foto habe ich geklaut – die lassen sich einfach nicht fotografieren), Adler, Papageien, Affen. Aber insgesamt weit weniger Viehzeug, als ich mir dass so vorgestellt hatte. Und natürlich gibt es wunderschöne Bäume. Jahrhunderte alte Riesen, die meisten sind allerdings von einem bösen Geist besessen, der im überfluteten Regenwald die Einbaumpaddler immer tiefer in den Wald lockt bis sie die Orientierung verlieren.

Und in der Brühe schwimmen? Klar, mitten im “Lake Tarapoto” … “very safe” “no worries” “Kaimans at night, only” “Piranhas are all well fed” “Yes, Anacondas are very big, but very rare”. Na, gut, rein!

Die höchste Hauptstadt der Welt – Quito

Gleich vorweg – hier waren wir zu kurz! Und dann hat auch noch Montezuma mit seiner immerwährenden Rache zugeschlagen. Zur Erinnerung: Montezuma war der letzte König der Azteken bevor die Spanier kamen. Die wurden dann in schöner Regelmäßigkeit von ihrem Magen und Darm umgehauen. Dieser Rachefeldzug hält bis heute an. Und hat Lydia diesmal erwischt. Da hilft ne gute Tasse Coca-Tee. Und ne warme Badewanne! Die hatten wir spektakulär quasi mitten im Nebelwald von Mindo.

Zuerst sind wir natürlich erstmal in Quito angekommen. Die Altstadt ist schon 1978 und als erste Stadt überhaupt von der UNESCO als Weltkulturerbe aufgenommen worden. Heute allerdings ist sie nicht mehr herausgeputzt, wirkt eher zerfleddert. Die Lage der Stadt in fast 3000 m Höhe ist dafür spektakulär. An Quito entlang geht die Avenida dos Volcanos, wie Alexander von Humboldt sie nannte. Mehrere Vulkane zwischen 5000 und 6000 m Höhe säumen sie. Einer, Pichincha, thront direkt über Quito. Seit einigen Jahren kann man mit einer Gondelbahn hochfahren und einen kleinen „Nachmittagsspaziergang“ in den Wolken und mehr als 4000 m Höhe machen! Sauerstoff steht oben gleich bereit.

Das ist überhaupt das Besondere an Ecuador. Von Quito aus ist man in zwei Stunden mit dem Auto am Fuß von 6000ern, im dschungeligen Nebelwald, in der Pampa mit Haziendas und Gauchos, an heißen Vulkanquellen und in vielen und teils kleinen privaten oder auch sehr weitläufigen Naturreservaten für Wanderungen, Ausritte und Pflanzen- und Tierbeobachtungen. Und es gibt ein paar eindrucksvolle Zugstrecken. Aber dazu habe ich Martin nicht bekommen. Er hatte Hummeln im Hintern…..

Und – ECUADOR liegt „natürlich“ am ÄQUATOR, ca. 20 km von Quito entfernt. Das Gebiet des heutigen Ecuador ist der einzige Ort, an dem früher (das war 1736) eine genaue Positionsbestimmung des Äquators möglich war. In Zeiten von GPS hat sich herausgestellt, dass sich der wahre Äquator etwa 240 m nördlich des Monuments befindet.

Und noch etwas – der berühmte Panamahut kommt aus Ecuador! Nur in einer bestimmten Region wächst das spezielle Gras, aus dem dieser schöne Hut geflochten wird.

Salkantay trail to Machu Picchu

Wir sind jetzt seit 3 Wochen in über 3000 Meter üM unterwegs und trauen uns nach dieser Akklimatisation auf den Salkantay Trail. Der Salkantay ist einer der beiden höchsten Berge (6.270 Meter) in der Region, ein Heiligtum für die Inkas. 4 Tage und Nächte, erst 1500 Höhenmeter rauf, zum Eingewöhnen machen wir am ersten Tag noch einen kleinen “Abstecher” hoch und wieder runter zum Humantay See, der auf 4.200 m liegt. Danach liegen wir das erste Mal schon um 8 Uhr erschöpft und im Tiefschlaf im Schlafsack. Am nächsten Tag liegt der Salkantay Pass vor uns, auf 4600 MüM. Ab dann geht es 2800 Meter wieder herunter, insgesamt gut 70km Strecke, bevor wir in Machu Picchu ankommen. Es war anstrengend – aber wunderschön. Trotz Regenzeit haben wir Glück mit dem Wetter. Starken Regen gab’s nur einmal, in der ersten Nacht, wir lagen in unserem einfachen, aber trockenen Lager. Danach gibt es immer mal einen Schauer – das wars! Inti, der Sonnengott der Inka, ist mit uns. Er hat für uns das schönste Wetter parat, als wir am fünften Tag früh morgens nach Machu Picchu kommen. Postkartenlicht – “A National Geographic Moment”. Man weiß nichtmal den eigentlichen Inka-Namen der mysteriösen Stadt in den Wolken. Es gibt reichlich Theorien und Spekulationen über den Sinn und Zweck der Siedlung. Uns erscheint die Erklärung einer religiösen Stätte am glaubwürdigsten.

So beeindruckend die Lage, die Architektur und vor allem das Wissen um die Natur in dieser “Verlorenen” Stadt der Inka ist, ist leider auch der Touristenauftrieb gewaltig. Tausende fotogeiler Egomanen schleppen sich jeden Tag durch die Ruinen, jeder scheint die Umgebung nur noch durchs Handy bzw. Kamara wahrzunehmen. Und klar, auch wir sind Teil der Meute. Auch gibt es die Befürchtung, dass Machu Picchu sinken könnte. Grund soll die Vergrößerung des Tunnels unter dem Berg sein, damit in dem großen Hidroelectrico, dem nahegelegenen Wasserkraftwerk, noch mehr Strom gewonnen und an die Nachbarländer verkauft werden kann.

Irgendwann treten wir die  Flucht nach oben an: rauf auf den Machu Picchu Mountain, nochmal 700 Meter höher als die Ruinen. Diese ca. 2500 Stufen klettern nur wenige hoch. Beeindruckende Umgebung, tolle Berge! Unsere Knie sagen “Danke!” als wir wieder unten sind und nach den fünf Tagen und vielen Höhenmetern mal wieder Erholung angesagt ist.