Von Maupihaa nach Palmerston, Cook Inseln

Palmerston, ein kleines Atoll der südlichen Cook Inseln, liegt am Wegesrand nach Niue.

Der Weg hierher ist nicht ohne. Windstärke 8, dementsprechende Windwellen aus Osten und ein zweites Wellensystem von den südlichen Winterstürmen ergeben eine beindruckende Waschmaschine. Cheglia kann das und surft durch die Wellensysteme.  Das ist Jammern auf hohem Niveau. Zum einen im direkten Wortsinn auf 5 Meter Wellenhöhe. Zum anderen, weil wir MIT Wind und Wellen unterwegs sind. Dagegen an fahren? Unmöglich. Lydia meint, sie schaut sowieso lieber nach vorn , denn wenn sie nach hinten schaut, sehen die Wellen einfach riesig aus, das stresst.

Prompt legen wir einen Sonnenschuss hin. Wind und eine besonders hohe Welle vertreiben das Boot quer, sofort kommt eine zweite hinterher und schüttelt uns ordentlich durch. Cheglia richtet sich aus beträchtlicher Schräglage wieder auf und segelt weiter.

Puh, Glück gehabt, denke ich noch, als wir bemerken, dass der Autopilot bei weitem nicht mehr so vehement zu Werke geht, wie zuvor. Bislang hat das Ding brilliant gesteuert. 1000de Wellen, immer wieder sauber genommen. Wir könnten auf den langen  Abschnitten nicht tagelang selbst steuern, viel zu anspruchsvoll und anstrengend. Und jetzt zickt er. Das Ruder bewegt sich nicht sehr weit, fühlt sich an, als wenn wir nach Steuerbord nicht so weit lenken können wie nach Backbord. Also tauschen wir den Autopiloten.  Cheglia hat zwei redundante Systeme. Sch…. aber das Ruder bewegt sich immer noch nicht geschmeidig. Der Autopilot wars demnach nicht. Noch 50 Meilen, bis Palmerston, 10 Stunden in Schleichfahrt, wir wissen ja noch nicht was kaputt ist. Kurz nach Mitternacht kommen wir an.
Ein Atoll im Pazifik! So ein romantischer Quatsch. Der letzte Rest Mond hat sich gerade verzogen, der Wind nochmal zugelegt. Im Pechschwarzen fahren wir auf ein Riff zu, davor sollen ein paar Moorings (am Boden befestigte Bojen zum Anlegen) liegen. Aber wo? In der Karte steht keine genaue Position; wir trauen uns nicht näher heran. Erst neulich haben wir eine ehemals stolze Yacht auf einem Riff liegen sehen. Nicht schön. Radar! Damit können wir auf den Meter genau ablesen, wie weit es noch zu dem anderen Boot und zum Riff ist…. wir kriechen heran und im zweiten Anlauf erwischen wir die Boje, liegen fest. Ankerbier, bitte.

Endlich Ruhe, hinter Insel und Riff geduckt, gemütlich ausschlafen – denkste. 3 Stunden später, gegen 5 Uhr morgens, der Kahn wackelt so komisch, etwas stimmt nicht. Hoppla, wir treiben aufs offene Meer hinaus. Die Ankerlichter der anderen drei Boote in weiter Ferne. Dieser ganze Mooring Mist hängt immer noch vorn am Boot, wir haben es einfach aus dem Meeresboden gezogen. Später lernen wir von Edward, dass diese Mooring gerade gewartet wird, und wir „nur“ an einem 50 Kilo Ersatz-Anker gehangen haben. Klasse. Wir hatten beim Festmachen die Mooring „überprüft“: Boot festbinden und dann Vollgas zurück. Hält. Gut.
Tja, 3 Stunden später haben wir den Salat. Wir warten auf Tageslicht, checken die Lage und müssen uns leider von Edward‘s Ankergeschirr verabschieden. Ruht jetzt auf 1000 Meter Tiefe.
Wir fahren zurück und ankern an gleicher Stelle mit unserem eigenen Anker. Fühlt sich gleich viel sicherer an.
Wie war das mit dem Ruder? Später, erstmal schlafen.

Der nächste Tag bringt mehr und mehr Wind. Lydi wird am Anker seekrank! Edward kommt vorbei, wir wollen ihm doch noch was Gutes tun, nachdem er seinen Anker und seine Kette verloren hat. Wir schenken ihm unseren alten, aber funktionsfähigen Aussenborder. Dann dreht der Wind, wir treiben immer näher aufs Riff. Also – Anker hoch und los. Nach Niue…..

Von Maupiti nach Maupihaa

Unsere Mitfahrerin Maureen kommt mit ihren beiden Schwestern („Eine ist eigentlich mein Bruder“) und ihrem kleinen herzzerreißend weinenden Sohn an Bord. Wollen sie alle mit? Nein, der Kleine muss mit Tanten und Oma bleiben, um in Maupiti in die Schule zu gehen. Er wird seine Mutter wochenlang nicht mehr sehen. Die „fünf Pakete“ werden eine kleine Truckladung voll, von Baguette bis Scooter-Ersatzreifen ist ALLES dabei. Und für alle Familien auf der Insel. Wir kennen bei unserer Ankunft und nach dem Ausladen also fast alle schon, zumindest alle kennen uns!

Maupelia oder Maupihaa auf Tahitianisch, liegt nochmal 105 NM = 190 km weiter westlich als unsere letzte Insel. Ich glaube, noch mehr mitten im Pazifik kann man gar nicht mehr sein. Bewohnt von nur 28 Menschen, die ausschließlich vom Kopra (Kokosnuss) Abbau leben. Sie stammen alle aus Maupiti.

Früher gab es hier im wilden Westen schon mal mächtig Stunk zwischen den verschiedenen Familien, deshalb wurde die Kooperation gegründet. Unter einer strengen Präsidentin wird zugeteilt, aufgepasst, Kopra auf- und nach Tahiti verkauft.

Zusammen mit unseren norwegischen Freunden, Birgitte und Olaf von SV ALUTI haben wir eine Tonne Lebensmittel und andere ‘affairs’ (Pakete) angeliefert. Zum Dank sind wir am ersten Abend bei Marcello und seiner Familie zum Essen eingeladen.

Marcello war früher Präsident der Kooperation. Und eine seiner Töchter, Faimanu, spricht richtig gutes Englisch. Daher wissen wir jetzt alles über die Kopra Arbeit, die Kooperation, die 200 Laufenden Meter Landzuteilung je Kooperationsmitglied. Marcello, seiner Frau Adrienne, den erwachsenen Töchter Carina und Faimanu ‘gehören’ 800 Meter wilde Kokusnuss Plantagen. Hier erarbeitet das Familienteam jährlich zwischen 8 und 12 Tonnen Copra. Der Jahreserlös beträgt 12.000€. Für die ganze Familie. Und sie gehören damit zu den Besserverdienern.

Allerdings verbunden mit vielen Entbehrungen. Das Versorgungsschiff kommt nur einmal im Jahr, das Speedboat, alle 3-4 Monate, es gibt 1 (!)  Satellitentelefon der Kooperation; die Telefoneinheiten müssen erst bezahlt werden, wenn das Kopra abgerechnet wurde. Es gibt kein Geld auf Maupelia. Transport Leistungen werden mit Hummern bezahlt. Oder wie bei uns, mit Einladungen zum Essen, Fisch wird ans Boot geliefert, wo immer wir sind, kommen all unsere „Freunde“ und bringen uns Kokuswasser o. Ä. Birgitte, Lydia und Martin schwelgen in Hummer und Riesenkokos-Krabben. Olav hat eine Allergie, der Arme, d.h. die anderen 3 ‘müssen’ umso mehr futtern.

So wie wir nehmen Segler regelmäßig dringend Benötigtes oder dringend Gewünschtes mit. Marcelo hat sich bislang dem Wunsch der Töchter nach einem Fernsehen widersetzt. Er meint, dann würde nicht mehr genug Copra produziert. Die Töchter kichern und geben im Recht.

Und wie kommen wir jetzt wieder nach Hause? Teil 2

Nur der Vollständigkeit halber, es gibt noch weitere Routen:

4. Die Kanaltour Retour: Von Tahiti nach Osterinseln dann die Küste von Südamerika hinauf, durch den Panama Kanal, durch die Karibik (Richtung Osten, gegen Wind und Strom …), Richtung Bermuda, Azoren, Frankreich. Klingt angenehm? Nein, nur wenige Abschnitte mit Wind und Wellen von hinten bedeuten im Umkehrschluss: viel Wind und Strom von vorne.  Eine sehr anspruchsvolle Route. Und, wie die alten Briten schon wussten: ein Gentleman segelt nicht gegenan.

5. Die Nordwest Passage. Tahiti nach Hawaii 2600 NM,  nach Alaska 2000NM,  immer weiter nördlich dann östlich durch die Passage ca. 3000 NM bis nach Grönland, dann nochmal 3000 NM Island, Schottland, Irland, Frankreich. Die mit Abstand kürzeste Verbindung zurück nach Europa, „nur“ 10.000 NM (oder 18.000km). Mal abgesehen von den beträchtlichen Herausforderungen, ist unser Timing schlecht. Man müsste im nächsten Jahr Ende Juni 2020 in Alaska sein und die Beringsee durchsegeln, Russland an Backbord, dann 1000 Meilen weit Richtung Osten, immer an der unwirklichen Küste lang. Erst dann kommt der Moment der Wahrheit: wird das Eis überhaupt aufgehen? Es gibt ein beträchtliches Risiko, dass man dort im Norden für einen sehr langen Winter festhängt …

Kein wirklich toller Plan B dabei? Stimmt.

6. Wir segeln nach New Zealand.

 

Von Französisch Polynesien über Cook Inseln, Niue und Königreich Tonga nach Auckland, Neuseeland, so etwa 2.400NM. Von dort gibt es für unsere Cheglia im März/April 2020 regelmäßigen Frachterverkehr nach Europa….  Yeah, Plan B – ab jetzt Plan A! Bei der Halbwertzeit unserer Pläne muss man das jetzige Datum dazuschreiben: Anfang August 2019.

Society Inseln mit Marc und Nina

Marc und Nina kommen 11.6.2019 nach Papeete! Sie haben in San Franciso beim geplanten Zwischenstop leider Pech gehabt. Ihr Auto wurde aufgebrochen, die Rucksäcke gestohlen. Land of the free and the brave…

Nach einem Shopping Tag in Papeete, um Geklautes wie T-shirts, iPad, machen wir uns aus der lauten Stadt in die ruhige Nachbarinsel Moorea, auf. So richtig will das paradiesische Wetter nicht mitspielen. Wir haben immer wieder kühle, regnerische und mitunter sehr windige Abschnitte. In Bora Bora können wir kurfristig 45 KN Wind messen. Welcome to Paradise. Die Lagune ist wirklich wunderschön, der Rest ist mit Hotels zugebaut. Die Preise für die kleinen Pfahl-Bungalows über dem Wasser sind absurd. Vor unserer Abreise machen wir noch einen Stopp, um Rochen und Haie aus der Nähe zu erschnorcheln. Nina schwimmt einfach furchtlos auf sie zu….

Dann weiter nach Raiatea. Wir können zwar nur einen Tag hier bleiben, finden aber ein wirklich tolles Restaurant und danach zufällg die lokalen Schönheiten beim HEIVA Tanzfestival.

Das Wetter zwingt uns zu Rückkehr nach Tahiti/Moorea. Die nächsten Tage sollen sehr stürmisch werden, und wir wollen nicht auf den letzten Dücker gegen Wind und Wellen gegenan bolzen müssen, um Nina‘s und Marc‘s Rückflug zu erwischen. In unserer angestammten Bucht in Moorea, Opunoho, kommen wir morgens um drei Uhr an, ankern sicher, erkunden Regenwald, Rochentauchplätze, Strände, treffen „Polarwind“ und „Hullabaloo“ wieder. Morgen  gehts zurück nach Papeete. Wir wollen noch drei Tage Tahiti erkunden, dann fliegen die Beiden am Samstag Abend schon wieder zurück. So schnell gehts…

 

Und wie kommen wir jetzt wieder nach Hause? Teil 1

In Tahiti ist man ganz schön weit weg vom Gudrunweg in Wiesbaden. Es gibt drei denkbare Routen:

1. durch den Rest vom Pazifik, durch die Torres Strasse nördlich von Australien, durch den indischen Ozean an Bali, Cocos Keeling und Reunion und Madagaskar vorbei nach Südafrika, um das Kap der Guten Hoffnung und dann gaaaaanz viel Atlantik, bis wir über Sant Helena, Asencion, Cap Verden, Azoren wieder nach Frankreich kommen. Klingt lang? Ist es auch, so etwa 20.000 nautische Meilen – so ziemlich genau ein Jahr würde das dauern.

2. Der Patagonien Plan: von Tahiti oder Tonga oder Neuseeland direkt nach Puerto Montt, in Südchile. An Cap Horn vorbei, Falklands, Buenos Aires, Brasilien, Azoren, Frankreich. Klingt kürzer? Ja, sind „nur“ so 16.000 NM, aber davon die Hälfte in, sagen wir mal euphemistisch, spannenden Gewässern. Von Neuseeland sind es 5300 NM ohne Zwischenstopp. Das längst-mögliche Seestück ohne anhalten. Geht nur mit guter Crew. Nein, geht nur mit exzellenter Crew. Würde auch ein Jahr dauern.

3.1. durch den Suez Kanal: naja, nicht wirklich, ausser wenn noch eine Marine Fregatte das ganze Stück mitkommt ….

3.2. oder durch den Sues Kanal auf einem Frachter, bis nach Gibraltar. Dann von dort aus weitersegeln. Geht. Echt. Von Tahiti aus. Sevenstar Yachttransport und wir wären im Spätherbst wieder in good old Europe. Von dort ist dann doch noch ein hartes Stück bis in die Bretagne, aber machbar.

Habe ich erwähnt, dass wir Heimweh haben? Und so lansam finden, dass sich all die tollen Inseln  zunehmend ähneln? Und, um Birgitte aus Norwegen zu zitieren: in unserem Alter kann man in einem Jahr auch  noch ganz andere Sachen machen, als nur zu segeln….

Kurz und knapp: wir wollen hoam. Wenn der Frachter fährt (wird sich in den nächsten 3-4 Wochen herausstellen), dann fährt Cheglia Huckepack. Plan B  müssen wir noch aufstellen…..

 

Und wie ist das Segeln im Pazifik?

Jetzt in Tahiti angekommen, haben wir im Pazifik 5200NM seit Februar 2019 zurückgelegt. Bis auf eine Front mit über 30 kn Wind, die uns für ein paar Stunden zwischen Marquesas und Tuamotus  unterhalten hat, waren die Winde überwiegend schwächer als im Atlantik.

Auf Cheglia sind wir froh, wenn es mindestens mit 15 Knoten windet. Mit unseren beiden großen Segeln (Gennaker 130qm, für 80-130‘ AWA, oder Parasailor 170 qm, für AWA 110-180’)  kommen wir auch noch bei 11, 12 Knoten voran. Aber dann ist eigentlich das Wellenbild und die Stömung entscheidender als der Wind. Wenn beides in unsere Fahrt-Richtung zeigt, geht auch bei 7-8 Knoten Wind noch etwas.

Der Satelliten Wetterbericht versprach meistens 11-15 Knoten Wind, also relativ schwachwindiger Süd-Ost-Passat. Gelegentlich traf die Vorhersage zu, meistens hatten wir einige Knoten mehr, manchmal weniger Wind. Die Richtung konnte sich auch schon mal um 90 Grad ändern. Dieser Ozean ist so groß, das möglicherweise die Computer Wettermodelle eine bessere regionale Auflösung nicht hinbekommen.

Die langen, hohen Ozeanwellen rollen meistens aus südlicher Richtung heran, und die (Wellen-)Überbleibsel von anderen Wettersystemen können aus ganz anderen Richtungen dazu kommen. Ja, wir haben häufig unterschiedliche Wellensysteme, die sich überlagern. Segeln mit wenig Wind wird dann immer schwieriger, die Segel schlagen, wir kommen nicht von der Stelle, es nervt. Dann lieber ganz windstill. An solchen Tagen ist der „Ocean Swell“ besonders beindruckend. Die Wellen sind ein paar Meter hoch, aber 200-300 Meter weit auseinander. Die Dinger haben etliche tausend Kilometer Anlauf, zwischen uns und der Antarktis gibt es noch ein paar Winzinseln – sonst einfach nichts. Majestätisch rollen sie unter unserem Boot durch, man fühlt sich sehr klein.

Die Prioritäten werden andere, weil die Strecken so lang sind. Es kommt eigentlich nicht (mehr 🙂 darauf an, ob man einen Tag früher oder später irgendwo  ankommt. Es ist wichtiger, das nichts kaputt geht. Und so segeln wir also meistens sehr gelassen mit 5-8 Knoten dahin. Auf hoher See haben wir in der ganzen Zeit einen chinesischen Fisch Trawler und eine holländische Yacht getroffen. Sonst gähnende Leere.

Die Atoll Seglerei in den Tuamotus hält dann noch ein paar Besonderheiten parat. Die Ein- und Ausfahrten in die Atolle unterliegen gewaltigen Gezeitenströmen. Der Tidenhub ist nicht besonders hoch, aber eine enorme Wassermasse will aus den Atollen bei Ebbe wieder hinaus. Slack Water ist etwa zur Halbzeit zwischen Hoch- oder Niedrigwasser, die Ebbe dauert immer länger als die Flut. An einigen Pässen läuft das Wasser immerzu nur hinaus, weil hohe Wellen für einen permanenten Zufluss sorgen. Es gibt einen „Slack water guestimator“ für die Tuamotus, der sich als recht zuverlässig herausstellt.  Es gibt einige „haarige“ Pässe, eng, mit ein paar Kurven im Pass, die kann man wirklich nur mit guter Sicht (hoher Sonnenstand, von hinten) und bei Slack water befahren, ansonsten traut man sich und seinem Schiff von Pass zu Pass mehr zu.

 

3 Wochen non stop im Pazifik segeln

Land in Sicht!!!

Belisa (unser Vorgängerboot) war ein tolles Urlaubsschiff. Wegen intensiver Berufstätigkeit sind wir in 9 Jahren nur etwa 5000 NM gesegelt… Für die gleiche Strecke  brauchen wir jetzt 9 Wochen. Von Panama nach Galapagos sind es rund 800NM, von den Galapagos Inseln nach Französisch Polynesien sind wir 3.200 NM gefahren, bis nach Tahiti kommen nochmal so 1.200 NM dazu. Dieser Pazifik ist echt groß….

Wie ist das 3 Wochen am Stück auf See zu sein? Naja, man fährt los, gewöhnt sich an den Tagesablauf und die Nachtschichten, freut sich über das Herunterzählen der vielen Meilen noch vor uns, dann ist Bergfest und dann -auf einmal- nur noch 800 Meilen. Die hatten wir doch schon mal ab Panama in 5 Tagen gemacht, nur noch 700NM, aber, ab jetzt werden die Tage wieder länger, jeder möchte gerne ankommen. Und dann bleibt der Wind weg. Einfach so. Für 2,5 Tage haben wir 5-12kn Wind, ziemlich genau von  hinten, dazu 2 Meter Wellen, da schaukelts und die Segel schlagen. Spinnaker hoch, wieder runter, motoren, Segel hoch und wieder zum motoren einreffen, weiter motoren… Nachts kommen noch ein paar interessante Gewitterwolken dazu, die uns von hinten überholen und dabei ordentlich wetterleuchten, und, klar, Windstärke und Richtung genug ändern, damit wir unseren Kurs mit der Segelkonfiguration (immer ist der Baum auf der verkehrten Seite …) gerade nicht mehr segeln können. Und mitten auf dem Ozean wollen wir nicht mit dem Spinnaker (mit 170 qm unser größtes Segel) durch die nächste Gewitterböe zittern, also bleiben wir “untermotorisiert” = kleine Segel = langsam. Tja, und jetzt sind es noch 109 Meilen.

Gesundheitlich? Nach den ersten paar Tagen war Lydia voll einsatzfähig, zunächst ist sie aber immer so haarscharf an der Migräne vorbei. Ansonsten keine besonderen Vorkommnisse.

Zwischenmenschlich? 3 mal gestritten und 4 mal gebrüllt. Sag ich.  Lydia meint, ich würde bei jedem Manöver schreien, aber da ist ja auch Wind, und Nico ist weit weg am Bug, da kommt man mit Zimmerlautstärke nicht hin…. Alles ok, im Großen und Ganzen.
Jetzt freu ich mich aufs Ankerbier, morgen früh.

Technisch? Unser Generator hat aufgegeben. Den brauchen wir für unsere Meerwasser-Entsalzungsanlage. Kein Generator, kein neues Frischwasser und nix Waschmaschine. Cheglia hat aber große Wassertanks, die wir immer mit einer Mindestreserve vorhalten. Das Wasser reicht dicke, aber auf opulente Duschorgien musste verzichtet werden, die Spülschüssel wird zur Waschmaschine. Normalerweise lädt der Generator die Batterien, insbesondere, wenn wir am Anker hängen. Jetzt, auf See, schleppen wir unseren Watt&Sea Propeller durchs Wasser und generieren so den Großteil unseres Strombedarfs. Ja, geht’s noch? Fischer Panda, Deutscher Maschinenbau, ein Produkt aus Paderborn, Oastwestfalen, ist nach 2,5 Jahren Schrott? Sch…

Außerdem hat unser 3. grosses Vorsegel (Gennaker) uns bereits zwei Spinnakerfalls (mit der Leine zieht man das Vorsegel hoch/runter) zerstört. Das große Segel wieder aus dem Wasser zu fischen und eine neue Leine in den Mast einzufummeln ist auf hoher See sehr lästig. Auf dieses Segel müssen wir ab jetzt  auf Halbwindkursen leider verzichten und sind deswegen -genau- langsam.

Also haben wir uns an die Langsamkeit gewöhnt, viele tausend Seiten Kindle gelesen, und uns auf das Tages Highlight gefreut: von 15-18Uhr sind alle Mann an Deck (im Cockpit), bereiten das Abendessen vor und futtern zusammen. Der Admiral hat – neben ihrer beeindruckenden Segelleistung-  gut für uns gesorgt.

Reiserfahrungen aus Kolumbien, Peru, Bolivien, Ecuador

Trockene Küste, Hochland, Andenhauptkette, tropischer Regenwald, Amazonas Dschungel – diese Haupttopographien haben unsere Reiseländer gemein. Packen für  10 Wochen, mindestens 5 Klimazonen. Wir bekommen alles in 2 gut tragbare Rucksäcke, 35 und 45 Liter und eine Reisetasche plus einen Minirucksack. Wie sich herausstellte eine perfekte Kombination, weil wir auf den verschiedenen Touren immer nur das Nötigste mitschlüren, den Rest in der Reisetasche im Hotel lassen. Im Internet gibt es zig gute Packlisten, aber die Variante mit den verschiedenen Reisetaschen habe ich sonst nicht gefunden.

Wir waren mit Bussen, Minibussen, Jeeps, Mietwagen (echt: kein Problem), Uber, Klapperkisten, Taxi, Tuk-Tuk, Fähren, Flugzeugen von 6 oder 7 verschiedenen Airlines unterwegs und haben uns immer sicher gefühlt. (VIVA Airlines in Kolumbien können wir nicht weiterempfehlen, zuviele miese Billigairline Tricks). Noch ein Airline Trick: die zum  Teil viel günstigeren Inlandsflüge werden in den üblichen internationalen Suchmaschinen und auf den Englisch sprachigen Seiten der Airlines nicht angezeigt, sondern nur auf den jeweiligen nationalen Seiten der Airlines auf Spanisch. Ggf. muss man die URL im Browser auf Spanisch ändern.

Und wir sind gelaufen. Überall. Klar, in den großen Städten gibt es Regionen, wo man als Gringo nix zu suchen hat, zumal Nachts. Wir haben, glaube ich, einen ganz guten Instinkt entwickelt. Fühlt sich eine Gegend komisch an, treten wir sofort einen geordneten Rückzug an.

Je weniger man mitnimmt, umso weniger kann man verlieren. So haben wir auf unsere gute Kamera verzichtet und nur Fotos mit dem Handy gemacht. Im Geldbeutel war immer genug Cash, um ggf. einen Räuber glücklich und damit friedlich zu stimmen. Pässe, Kreditkarten etc. waren anderweitig am Körper.

Beim Essen und Trinken haben wir zunächst nur “geschält, gekocht oder industriell abgepackt” beachtet. Im Laufe der Zeit aber durchaus auch “Streetfood” gegessen. Salat und Wasser (Eiswürfel in Drinks….)  bleiben kritisch. Jeder hat einmal 1-2 Tage Dünnpfiff und Kotzeritis gehabt, ansonsten alles gut.

Die Menschen sind überall sehr freundlich und hilfsbereit. Lydia hat ihr Italienisch “spanisiert” und kommt ganz gut durch. Das hilft. Englisch wird selten gesprochen oder verstanden.

Ansonsten hilft: erst fragen, dann einsteigen.

 

 

Schwimmen im Amazonas

Ganz im Süden von Kolumbien liegt Leticia, nur per Boot und Flugzeug zu erreichen. Die nächste Autobahn ist 800 km entfernt. 30.000 Einwohner, die es schaffen einen Moped-, Tuk-Tuk-, Auto- und Bootsverkehr zu erzeugen wie in Manhatten an einem  Montag morgen.  Wir kommen von Quito, sind 3000 HM und niedrige Luftfeuchte gewöhnt. Hier bleiben für den Amazonas noch 180 HM und über 2500 Flusskilometer bis zum Atlantik. Es ist feucht und heiß, immer wieder schifft’s ganz ordentlich. Die Regenzeit hat angefangen, die Flüsse sind bereits um 4 Meter angestiegen. Es können noch weitere 10 Meter dazu kommen! Wir gönnen uns einen Ruhetag bevor wir am Montag um 7:00 mit dem “public boat”, lang, schmal, ca. 30 Passagiere, voll gepackt, nach Puerto Narino aufbrechen, ca. 70 km flussauf, 2,5 Stunden Knieschmerzen. Der Kaptän hat es raus und umkurvt das ganze Treibgut mit Vollgas.

Puerto Narino ist ein Vorzeige-Provinz-Nest: voll Eco, Müll trennen und recyceln, blitzsauber und offensichtlich im Aufbruch zur nächsten Touristen-Hochburg. Hier treffen wir Stefano, den italienischen Rakteningenieur -unseren Übersetzer- und unseren einheimischen Guide Pedro, der uns gleich zum Eingewöhnen in den Dschungel führt. “Nix anfassen ….” es gibt Riesenspinnen, Tarantulas, giftige Spinnen, giftige Schlangen, giftige Bäume, giftige Ameisen, giftige Frösche, giftige Büsche …. Und Schlamm – wir werden die Gummistiefel nur gelegentlich ausziehen. Alles ist entweder unendlich verschieden grün -oder braun: der Schlamm, das Flusswasser. Wir machen sogar einen „Nachtspaziergang”, um die Gottesanbieterin und andere exotisch giftige Dinger zu finden. So eine bescheuerte Idee, im Taunus sind wir im Leben nicht im Dunkeln, im Regen und im Schlamm  “spazieren” gegangen. Lydia fand es toll.

Am nächsten Tag geht es weiter in die Wildnis. Auf dem Weg in unser kleines Eingeborenen Dorf sehen wir  Kaimane (nur nachts), Piranhas, wirklich große Pirarucu (bis zu 4 Meter lang, 300 kg schwer), graue und pinke (“die sind aktiver”) Delphine (sorry, das eine Foto habe ich geklaut – die lassen sich einfach nicht fotografieren), Adler, Papageien, Affen. Aber insgesamt weit weniger Viehzeug, als ich mir dass so vorgestellt hatte. Und natürlich gibt es wunderschöne Bäume. Jahrhunderte alte Riesen, die meisten sind allerdings von einem bösen Geist besessen, der im überfluteten Regenwald die Einbaumpaddler immer tiefer in den Wald lockt bis sie die Orientierung verlieren.

Und in der Brühe schwimmen? Klar, mitten im “Lake Tarapoto” … “very safe” “no worries” “Kaimans at night, only” “Piranhas are all well fed” “Yes, Anacondas are very big, but very rare”. Na, gut, rein!

Salkantay trail to Machu Picchu

Wir sind jetzt seit 3 Wochen in über 3000 Meter üM unterwegs und trauen uns nach dieser Akklimatisation auf den Salkantay Trail. Der Salkantay ist einer der beiden höchsten Berge (6.270 Meter) in der Region, ein Heiligtum für die Inkas. 4 Tage und Nächte, erst 1500 Höhenmeter rauf, zum Eingewöhnen machen wir am ersten Tag noch einen kleinen “Abstecher” hoch und wieder runter zum Humantay See, der auf 4.200 m liegt. Danach liegen wir das erste Mal schon um 8 Uhr erschöpft und im Tiefschlaf im Schlafsack. Am nächsten Tag liegt der Salkantay Pass vor uns, auf 4600 MüM. Ab dann geht es 2800 Meter wieder herunter, insgesamt gut 70km Strecke, bevor wir in Machu Picchu ankommen. Es war anstrengend – aber wunderschön. Trotz Regenzeit haben wir Glück mit dem Wetter. Starken Regen gab’s nur einmal, in der ersten Nacht, wir lagen in unserem einfachen, aber trockenen Lager. Danach gibt es immer mal einen Schauer – das wars! Inti, der Sonnengott der Inka, ist mit uns. Er hat für uns das schönste Wetter parat, als wir am fünften Tag früh morgens nach Machu Picchu kommen. Postkartenlicht – “A National Geographic Moment”. Man weiß nichtmal den eigentlichen Inka-Namen der mysteriösen Stadt in den Wolken. Es gibt reichlich Theorien und Spekulationen über den Sinn und Zweck der Siedlung. Uns erscheint die Erklärung einer religiösen Stätte am glaubwürdigsten.

So beeindruckend die Lage, die Architektur und vor allem das Wissen um die Natur in dieser “Verlorenen” Stadt der Inka ist, ist leider auch der Touristenauftrieb gewaltig. Tausende fotogeiler Egomanen schleppen sich jeden Tag durch die Ruinen, jeder scheint die Umgebung nur noch durchs Handy bzw. Kamara wahrzunehmen. Und klar, auch wir sind Teil der Meute. Auch gibt es die Befürchtung, dass Machu Picchu sinken könnte. Grund soll die Vergrößerung des Tunnels unter dem Berg sein, damit in dem großen Hidroelectrico, dem nahegelegenen Wasserkraftwerk, noch mehr Strom gewonnen und an die Nachbarländer verkauft werden kann.

Irgendwann treten wir die  Flucht nach oben an: rauf auf den Machu Picchu Mountain, nochmal 700 Meter höher als die Ruinen. Diese ca. 2500 Stufen klettern nur wenige hoch. Beeindruckende Umgebung, tolle Berge! Unsere Knie sagen “Danke!” als wir wieder unten sind und nach den fünf Tagen und vielen Höhenmetern mal wieder Erholung angesagt ist.